Außendarstellung, Image, Reputation – diese Begriffe hat man früher eher den Marketingstrategien eines Unternehmens zugeordnet. Die Markenbildung beschrieb üblicherweise die Prozesse, ein Produkt als Marke aufzubauen. Und heute? Heute sprechen wir von persönlicher Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit, von Personal Branding. Und die strategische Vermarktung der eigenen Person spielt für die berufliche Entwicklung heute eine wichtige Rolle, dabei existiert der Begriff Personal Branding sogar schon seit Ende der 1990er-Jahre.
Was ist in unserem Berufsalltag heute entscheidend anders geworden? Was hat sich verändert, dass wir anstatt unserer Produkte und Dienstleistungen nun uns selbst in den Fokus rücken und als Marke etablieren möchten?
Personal Branding – die Liebe zu sich selbst?
Viele Menschen präsentieren sich heute auf Social-Media-Kanälen. Sie suchen und erreichen mit ihren Inhalten eine breite Öffentlichkeit. Einige von ihnen möchten nicht nur ein großes Netzwerk zur Kommunikation und Verbreitung bestimmter Themen und Inhalte nutzen, sondern erkennen die digitalen Medien auch als Chance, sich selbst durch die richtigen Strategien als Marke etablieren zu können. Sie nutzen die Strategien rund um das Personal Branding, um ihren Bekanntheitsgrad auszubauen, eine klare Positionierung zu erreichen und ihren Expertenstatus zu festigen. Doch die Eigenvermarktung des Menschen hat nichts mit einer erhöhten Selbstverliebtheit oder einem gewachsenen narzisstischen Selbstbild des Menschen zu tun. Im Gegenteil: Menschen suchen nach der digitalen Selbstbestimmung. Menschen suchen nach Menschlichem. Heute mehr denn je. Und menschlich ist nicht der anonyme Auftritt in der Öffentlichkeit, die perfekte Inszenierung, die Außendarstellung eines gesamten Unternehmens, sondern ein Präsentieren – von Menschen – auf persönlicher Ebene, das den offenen Austausch erlaubt, die Stärken sowie Schwächen zum Vorschein bringt. Die Eigenvermarktung zeigt die Menschen individuell und nahbar.
Digitale Medien – Keine Grenzen, keine Tiefen
Digitale Kanäle begünstigen unsere zwischenmenschliche Kommunikation. Sie machen sie vielfältig, schnell und unkompliziert. Durch die Nutzung moderner Medien überwinden wir Grenzen, schaffen Freiheiten und kreieren Möglichkeiten einer unbegrenzten Reichweite. Gleichzeitig lassen wir uns durch die immerwährende Erreichbarkeit und das Online-Leben dazu verleiten, dass Kommunikation zu einem Fast-Food-Gut verkommt. Wir schlingen nur noch anstatt zu genießen, wir werden nicht mehr satt, sondern verlangen stattdessen nach mehr und mehr. Unser Kommunikationsverhalten wird ungesund: Wir posten, bloggen, simsen, twittern – kurz, häufig, in die Masse hinein. Und diese Masse ist enorm. Denn eine Vielzahl an Menschen nutzt heute soziale Netzwerke. Sie bilden zwar die Basis für die große Reichweite und den offenen Austausch, führen aber auch dazu, dass wir nicht mehr zielorientiert und individuell kommunizieren, sondern sehr allgemein und oberflächig – bis wir in der Masse untergehen.
Das Individuum droht dann, nur noch ein Profil unter tausenden zu sein. Durch die vielen Gesichter, Informationen und Nachrichten werden Personen anonymisiert, ihre Botschaften austauschbar. Freunde, Bekannte, Kontakte. Wir erkennen keine Unterschiede, keine Besonderheiten, keine Tiefen. Und wir haben erst recht keine Zeit, auf die Suche zu gehen.
Die Konkurrenz wächst
Menschen suchen nach Menschlichem, auch im Beruflichen. Längst wollen wir nicht mehr das Perfekte, wir streben nicht nach Unnahbarkeit. Die Digitalisierung soll uns schließlich nicht entfremden, sondern uns zusammenbringen – doch wir merken, dass wir um Aufmerksamkeit ringen müssen. Die neuen digitalen Kanäle eröffnen jedem Menschen den Weg in die Öffentlichkeit. Jeder kann eine große Fangemeinde, eine steigende Bekanntheit, eine große Resonanz erreichen. Das ist sehr praktisch, aber erhöht auch in beruflicher Hinsicht den Druck, denn die Konkurrenz wächst mit dieser Entwicklung. Menschen stehen in der Öffentlichkeit und mit ihnen ihre Produkte, Angebote und Dienstleistungen, die – wie sie selbst – sich immer ähnlicher werden.
Personal Branding: Der Weg aus dem Überfluss
Mit der Eigenvermarktung schaffen wir Wiederkennung und Abgrenzung. Durch Personal Branding können sich Experten nicht nur als Personen etablieren, sondern auch ihrer Sache, ihrem Fachgebiet ein Gesicht geben und sich von anderen abheben. Sie teilen ihr Wissen einer breiten Öffentlichkeit mit, positionieren sich eindeutig und fördern den Austausch, dadurch geben sie Orientierung. Die Selbstdarstellung des Menschen ist die öffentliche Darstellung einer Persönlichkeit. Deshalb setzt sie sich aus verschiedenen Aspekten zusammen – ihr Wissen, ihr Handeln, ihre Werte und ihre Eigenschaften werden vermittelt, um ein authentisches und komplettes Bild zu zeigen. Als echte Persönlichkeiten haben diese Personenmarken entscheidende Vorteile gegenüber Produkten: Sie sind nichts Erfundenes, sie sind nicht glatt, sie stehen für bestimmte Inhalte und Werte und repräsentieren diese. Mit anderen Menschen können wir uns identifizieren, wir können ihre Meinung teilen oder mit ihnen diskutieren, wir können sie bewundern, sie kritisieren, sie als Vorbild nehmen und ihnen folgen.
Am Ende zählt das persönliche Erlebnis
Individuelle Menschen erlauben persönliche Beziehungen. Deshalb gewinnt Storytelling als Marketinginstrument an Bedeutung, denn es geht um echte, persönliche Geschichten, die die Zielgruppe auch emotional erreichen. Und deshalb gibt es auch den Trend, dass gerade junge Mitarbeiter von ihren Führungskräften erwarten, dass sie sich in der Öffentlichkeit positionieren. CEOs sollen sich als Marken etablieren, als Menschen zeigen und damit das Unternehmen gewinnbringend und modern repräsentieren. Mehr Menschen anstelle von anonymen Konzernen: Das ist auch der Grund, warum immer mehr Unternehmen durch Digitalisierung personifizierte Dienstleistungen oder eine persönliche Beratung anbieten. Denn der Kunde sucht das persönliche Erlebnis. Auch deswegen konnte Steve Jobs mit Apple solch ein außergewöhnliches Unternehmen schaffen, weil er seine Produkte nahezu vermenschlicht und gleichzeitig sich selbst vermarktet hat. Wir profitieren von einem großen Netzwerk, aber wir lieben das Besondere. Wir brauchen echte Experten mit echtem Wissen, wir folgen echten Menschen mit echten Werten. Personal Branding ist der Weg, die Kommunikationsmittel unserer Zeit zu nutzen, um als Marke die Ansprüche einer modernen Gesellschaft zu erfüllen, eigene Ziele erfolgreich zu erreichen und gleichzeitig eine Lösung zu bieten, in Zeiten des Überangebots Vorreiter, Idealisten und wichtige Meinungsführer zu bilden.